NABU-PRESSEMITTEILUNG | NR 83/21 | 8. JULI 2021
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Umwelt/Verkehr
Rechtssicher: Baustopp für Autobahnen und Fernstraßen
NABU-Präsident Krüger: Klima- und naturverträglicher Umbau der
Verkehrsinfrastruktur sollte sofort beginnen
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Berlin – Kann der Aus- und Neubau von Bundesfernstraßen und damit auch
Autobahnen in Deutschland rechtssicher gestoppt werden? Ein
Rechtsgutachten der Rechtsanwältin Cornelia Ziehm im Auftrag des NABU
beantwortet diese Frage positiv. Der aktuelle Bedarfsplan ist nach
heutigen Standards nicht hinreichend auf seine Vereinbarkeit mit den
Zielen des Klimaschutzes oder des Flächenverbrauchs überprüft worden.
Dies müsse nun nachgeholt werden, um eine weitere Versiegelung von
Flächen, die Zerschneidung wertvoller Naturräume sowie zu hohe
Treibhausgasemissionen des Verkehrssektors zu vermeiden, so der
Umweltverband. Durch das sogenannte Autobahnmoratorium, also ein
zeitweises Aussetzen weiterer Bauvorhaben, kann Zeit für die notwendigen
Anpassungen des Bundesverkehrswege- und Bedarfsplans gemäß bestehender
Umwelt- und Klimaschutzziele gewonnen werden.
NABU-Präsident Jörg-Andreas Krüger: „Natur darf nicht weiter für
überflüssigen Straßenbau zerstört werden. Mit dem aktuellen
Bundesverkehrswegeplan wird ein klima- und naturfeindlicher Status
betoniert. Wir brauchen daher jetzt den Baustopp, um die Zeit für eine
bedarfsgerechte Neuplanung zu gewinnen und Klima- und Artenschutz ins
Zentrum des Handelns zu rücken. Da rechtlich keine Hindernisse bestehen,
sind Bundestag und Bundesregierung aufgefordert, so schnell wie möglich
eine Baupause einzuleiten. Dazu könnte das Fernstraßenausbaugesetz mit
einem Vorbehalt versehen und vorgesehene Finanzmittel im Bundeshaushalt
zurückgestellt oder für den Erhalt umgewidmet werden. Dies wäre ein
konkreter Schritt, um die zuletzt nochmals verschärften Klimaziele
endlich mit entsprechenden Maßnahmen im Verkehrssektor zu unterlegen und
damit in die Umsetzung zu kommen. Hier müssen die Parteien erklären, wie
sie sicherstellen, dass die notwendige Neuausrichtung des
Bundesverkehrswegeplans zum Rückgrat der anstehenden Mobilitätswende
wird. Ansonsten werden weiter Steuermilliarden für unsinnige
Infrastrukturprojekte verschwendet und obendrauf der Umwelt und
Artenvielfalt erheblich geschadet.“
Daniel Rieger, Leiter Verkehrspolitik: „In Bezug auf die tatsächlichen
Umweltauswirkungen geplanter Verkehrsinfrastruktur befinden sich
Bundesregierung und Behörden im Blindflug. Weder der
Bundesverkehrswegeplan, noch der aktuelle Bedarfsplan wurden im Zuge der
Strategischen Umweltprüfung im Jahr 2016 auf ihre Vereinbarkeit mit dem
Pariser Klimaschutzabkommen oder den Flächenverbrauchszielen der
Bundesregierung geprüft. Auch Landnutzungsänderungen durch die
Zerstörung natürlicher CO2-Senken wie Wälder und Moore sind nicht
eingepreist. Aus heutiger Sicht absolut unvorstellbar und ein schweres
Versäumnis. Das Klima-Urteil des Bundesverfassungsgerichts erhöht hier
nochmals den Handlungsdruck. Das jetzt vorliegende Rechtsgutachten
zeigt, dass man diese Geisterfahrt sofort und rechtssicher stoppen
kann.“
Das Rechtsgutachten argumentiert, dass es mit dem Bundesverkehrswegplan
keine verbindlichen zeitlichen Vorgaben oder sonstige gesetzliche
Durchführungspflichten gibt, die in den kommenden Jahren den Neu- und
Ausbau von Bundesfernstraßen verlangen. Zudem hätten sich die
umweltrechtlichen Rahmenbedingungen im Vergleich zur ursprünglichen
Umweltprüfung im Jahr 2016 deutlich verändert, so dass diesem Umstand im
Zuge der aktuell laufenden Bedarfsplanüberprüfung Rechnung getragen
werden müsse. Mindestens bis zum Abschluss der aktuell laufenden
Bedarfsplanüberprüfung sollten keine neuen Planfeststellungsverfahren
eingeleitet werden. Laufende Planfeststellungsverfahren sollten
ausgesetzt und auf die Realisierung bereits planfestgestellter
Bundesfernstraßen vorerst verzichtet werden. Dafür müsse ein Vorbehalt
im Fernstraßenausbaugesetz verankert werden, sodass für neue und
laufende Planfeststellungsverfahren keine Planrechtfertigung gegeben
ist, da die Klima- und Flächenschutzziele nicht eingehalten werden. Die
vorgesehenen Finanzmittel seien im Bundeshaushalt zurückzustellen, nicht
zu bewilligen oder für den Erhalt bestehender Infrastruktur umzuwidmen.
Moselaufstieg erneut im Bundesverkehrswegeplan Gegner sprechen von Mauschelei
SWR Aktuell 17.02.2017
Die Gegner des Moselaufstiegs erheben schwere Vorwürfe. Ihrer Meinung nach hat es bei der Wiederaufnahme des Straßenbauprojektes in den Bundesverkehrswegeplan Unregelmäßigkeiten gegeben.
Jahrelang war die großangelegte Umgehung zwischen Konz und Igel auf der gegenüberliegenden Moselseite aus der Straßenbauplanung des Bundes herausgefallen. Zuvor hatte ein Gericht den Planfeststellungsbeschluss gekippt. Doch nun ist der Moselaufstieg im aktuellen Bundesverkehrswegeplan wieder im vordringlichen Bedarf aufgeführt.
Von Anfang an umstritten
Der Moselaufstieg – eine West-Umfahrung von Trier, die unter anderem Luxemburg-Pendler aus dem Moseltal schnell auf die Autobahn bringen soll - wurde bereits vor Jahrzehnten geplant. Von Anfang an war er hoch umstritten, eine Bürgerinitiative wurde bereits vor fast 25 Jahren gegründet. Seit Donnerstagabend formiert sie sich neu. 130 interessierte Bürger kamen zu einer Informationsveranstaltung, bei der der Vorsitzende des Vereins "Nein zum Moselaufstieg", Richard May, seine Bedenken äußerte.
"Böses Erwachen"
Völlig unerwartet sei das Bauprojekt Moselaufstieg im aktuellen Bundesverkehrswegeplan von Bundesverkehrsminister Dobrindt aufgetaucht. Und zwar als vordringlicher Bau – mit einem Kosten-Nutzungsverhältnis, so hoch bewertet, wie nur wenige Straßenprojekte in ganz Deutschland, sagte Moselaufstiegsgegner May: "Da ist natürlich bei uns ein ganz böses Erwachen gekommen, als wir dieses hohe Nutzen-Kosten-Verhältnis festgestellt haben. Es ist unerklärlich, es ist absolut nicht zu verstehen, wie man zu diesem Ergebnis kommt, da kann was nicht stimmen", fürchtet er und fügte hinzu: "Ich denke, dass da getrickst wurde, das wurde gemauschelt zwischen hiesigen Parteivertretern, die überwiegend bei der CDU zu finden sind, und dem Bundesverkehrsminister."
Vorwurf der Mauschelei
Gemauschelt deshalb, sagt May, weil nicht wie sonst üblich die Landesregierung das Projekt in den Plan gebracht habe. Außerdem erscheine der Moselaufstieg im Bundesverkehrswegeplan als ein bereits genehmigtes Projekt. Dort stehe nämlich, dass es einen Planfeststellungsbeschluss gebe. Dabei sei vor über zehn Jahren genau dieser Beschluss zum Moselaufstieg gerichtlich gekippt worden, so May. Für die Gegner steht damit fest: Hier ist ein Gerichtsurteil des Koblenzer Oberverwaltungsgerichtes einfach missachtet worden. Man habe in dem neuen Verkehrswegeplan alles so dargestellt, als wäre das Urteil nicht gesprochen worden.
"Ökologisch unsinnig, viel zu teuer"
Verantwortlich machen die Moselaufstiegsgegner hauptsächlich einen Mann, einen erklärten Befürworter des Projektes, der hartnäckig jede Alternative zu dem umstrittenen Bau ablehne, sagen sie: "Es liegt hauptsächlich an einem Politiker. Das ist das Bundestagsmitglied Bernhard Kaster, er wollte diesen Moselaufstieg." Viele Bürger, so Vereinschef May, wollten die West-Umfahrung aber nicht. Für sie sei der Moselaufstieg noch immer ökologisch unsinnig, mit 60 Millionen Euro viel zu teuer und wegen der Widerstände kaum durchzusetzen. Man werde kämpfen gegen den Bau und gegen undurchsichtige Machenschaften, sagten die meisten der Besucher der Informationsveranstaltung.
Neues Planfeststellungsverfahren nötig
Der Trierer Bundestagsabgeordnete Bernhard Kaster (CDU) hat gegenüber dem SWR bestätigt, dass über das Projekt Moselaufstieg im Bundesverkehrswegeplan falsch informiert werde. "Das mag eine missverständliche Formulierung im Bundesverkehrswegeplan sein. Ich verstehe die eigentlich nicht", so Kaster. "Es muss für dieses Projekt ein neues Planfeststellungsverfahren durchgeführt werden nach den Anforderungen der heutigen Zeit, den Umweltgesetzen, dem Lärmschutz. Das heißt die Planung muss erstellt werden, um zu einem planmäßigen Planfeststellungsbeschluss zu kommen."
Kaster sieht zahlreiche Bürger hinter sich
Nach Aussage Kasters seien jedoch mehr Menschen für das Projekt als dagegen. Begleitet worden sei die Wiederaufnahme des Moselaufstiegs in den Bundesverkehrswegeplan von einer großen Bürgerbeteiligung. "Mir persönlich, wie auch dem Ministerium, sind also auch Tausende von Unterschriften von Bürgern zugeleitet worden aus den Bereichen Trier, Trier-Euren, aus dem Gewerbegebiet, aus Konz und aus Saarburg, die sich für dieses Projekt ausgesprochen haben", sagte Bernhard Kaster.
Die Einstufung im Bundesverkehrswegeplan entscheidet darüber, welche Verkehrsprojekte in den kommenden 15 Jahren Aussicht auf Realisierung haben. Rheinland-Pfalz hatte rund 80 Projekte angemeldet.